Dienstag, 24. September 2013

Kapitel 13- The day after the night

Jänner

Eine düstere und bedrückte Stille lag auf Hogwarts. Seit nunmehr drei Wochen waren Albus Potter und Imogene Malfoy wie vom Erdboden verschluckt. Unter den Schülern waren Gerüchte aufgekommen, eines wilder als das andere, doch alle mit dem selben Kern: Imogene sei schwanger und mit Albus durchgebrannt.
Alles Blödsinn. Zumindest war Lily Potter davon überzeugt. Ihr Bruder war vielleicht nicht der vorbildlichste Schüler gewesen, aber das traute sie ihm nicht zu. Und ihrer besten Freundin im Übrigen auch nicht. Da musste etwas anderes dahinter stecken, vielleicht etwas Böses. Mit ihrer Theorie stand sie aber ziemlich alleine da. Unterstützung bekam sie dabei von der Person, von der sie es am wenigsten erwartet hätte: Narcissa Malfoy.
Auch sie war mehr als überzeugt davon, dass Imogene nicht einfach so verschwunden wäre. Zudem sie sich sicher war, dass hinter allem eine Person steckte und diese war niemand anderes als ihre Schwester Bellatrix. Zuerst war es ihr wirklich unmöglich erschienen, schließlich wusste sie zu gut, dass sie durch Molly Weasleys Angriff gestorben war. Und ja, sie war auch wirklich gestorben. Doch Cissy hatte nachgeforscht und herausgefunden, dass vor zwei Jahrzehnten ein schwarzmagischer Versuch durchgeführt worden war, bei dem Körper und Seelen zurückgeholt wurden. Die Möglichkeit, dass Bella eine davon war, schien ziemlich hoch zu sein. Der ausführende Zauberer war inzwischen längst verstorben, geküsst von den Dementoren. Deshalb konnte sie ihn nicht selbst fragen. Sie glaubte nicht, dass sich Andromeda und sie täuschten. Die Frage war nur: Warum Imogene und was hatte sie vor?

Februar

Schneeflocken tanzten vor dem Fenster an dem Imogene Stellung bezogen hatte. Sie war erschöpft, ausgelaugt und sie vermisste ihre Familie. Wenn sie denn einmal sie selbst war. Mittlerweile hatte sie festgestellt, dass sie nicht mehr alleine in ihrem Körper war, sondern ihn sich mit einer weiteren Seele teilte. Wäre sie nicht selbst davon betroffen, hätte sie niemals geglaubt, dass so etwas möglich war. Und sie war nicht die einzige, Albus war ebenso ein Wirt geworden. Das war die Erklärung für die Verbindung, die sie zu ihm gespürt hatte. Es war gar nicht eine Bindung zu Albus selbst gewesen, sondern die Bindung der beiden fremden Seelen.
Das war äußerst niederschmetternd. Durch diese Situation war sie zwar auch Al näher gekommen, aber jetzt fühlte es sich falsch an. Weil sie nie sicher sein konnte, was ihre Gefühle waren und was die der Frau in ihrem Körper, die sich als Bellatrix Lestrange rausgestellt hatte. Ihre Tante. Das war doch widerlich.
“Alles okay?”, drang Albus’ Stimme an ihr Ohr. Sie fuhr zu ihm herum und musterte ihn eingehend. Sie hatte gelernt zu unterscheiden, wann es Albus war und wann es er war. Sie schluckte kurz. Er war niemand anderes als der bekannteste und gefürchtetste Schwarzmagier aller Zeiten. Tom Vorlost Riddle. Jedesmal wenn sie daran dachte, lief ihr ein kalter Schauer über den Rücken. Und unbändige Angst. Sie durften das Haus nicht verlassen. Sie durften keine Briefe schreiben. Bellatrix und Tom hatten die Kontrolle über ihre Körper erlangt, verließen das Haus jedoch nur unter Anwendung des Vielsafttranks. Immerhin wurden die beiden Kinder überall gesucht.
“Wann war das letzte Mal alles okay?”, fragte sie schließlich zurück, als sie sicher war, Al vor sich zu haben. Er trat auf sie zu und griff nach ihrer Hand: “Es tut mir leid, dass ich nichts tun kann.” Wie immer lief ein elektrisierendes Gefühl durch ihre Finger, als er sie berührte, doch schnell schüttelte sie den Kopf: “Das ist doch wohl am wenigsten deine Schuld.”
Er konnte noch weniger dafür als sie. Imogene war sogar der Ansicht, dass ihr Interesse an ihm, ihn zu einer Zielscheibe gemacht hatte. Und damit hatte sie sicher nicht unrecht.
“Keiner von uns hat Schuld”, sagte Al eindringlich und nahm ihr Gesicht in ihre Hände, sah ihr ernst in die Augen, “hörst du? Wiederhole meine Worte: Niemand hat Schuld.”
Der Potter hatte ja leicht zu reden. Selbst in dieser verqueren Situation schlug ihr Herz Kapriolen in seiner Gegenwart, besonders wenn er so nahe war.
“Niemand hat Schuld”, wiederholte sie fast flüsternd und glaubte sich selbst kein Wort. Al schien es ihr auch nicht abzukaufen und ließ sie seufzend wieder los.
“Wir werden hier schon irgendwie rauskommen”, meinte er ernst und schritt wieder umher. Imogene schluckte und blickte wieder aus dem Fenster: “Wie kann man vor sich selbst fliehen?”

März

Astoria und Draco standen am Eingangstor ihres Anwesens, die Mienen zu Stein erstarrt. Beide hatten die selbe ablehnende Haltung verschränkter Arme eingenommen und starrten gerade aus. Eine Gestalt mit schwarzem Umhang näherte sich ihnen rasch und warf immer wieder Blicke über ihre Schulter, fast so, als würde sie verfolgt werden. Was in Anbetracht der Tatsache, wohin sie wollte und was sie zu klären hatte, gar nicht so abwegig war.
Am Eingangstor angekommen, schob Narcissa ihre Kapuze zurück und begrüßte ihren Sohn und ihre Schwiegertochter knapp, ehe sich alle drei ins Innere des Anwesens zurück zogen.
“Wir haben Grund zur Annahme, dass sie irgendwo im Norden sind”, kam Narcissa ohne Umschweife zum Thema, “und, mittlerweile bin ich mir sicher, dass Bellatrix ihre Finger im Spiel hat.”
Dracos Miene war ernst und undurchdringlich, doch seine Mutter kannte ihn. Er war sehr in Sorge. Astoria saß nur schweigend am Tisch, kannte sie Bellatrix schließlich nicht persönlich und hatte nur eine Ahnung davon, was es bedeutete.
“Wieso hat sie ausgerechnet Imogene entführt?”, fragte die gebürtige Greengrass und Draco und Narcissa wechselten einen kurzen Blick, ehe Cissy antwortete.
“Weil es die Familie ist”, gab sie zögernd von sich, “und Albus, weil es der Sohn von Harry ist.”
Stille breitete sich über die Familie aus, in jener Narcissa unruhig mit den Fingern auf der polierten Tischplatte trommelte. Sie hatte ein mehr als ungutes Gefühl bei der Sache und vermutete auch noch eine andere Möglichkeit, warum Bella ausgerechnet Gene genommen hatte. Sie vermutete, dass ihre Schwester ihr Geheimnis kannte und sie treffen wollte. Aus Rache, möglicherweise, weil sie nicht am Kampf teilgenommen hatte. Zuzutrauen wäre es ihr auf jeden Fall, dessen war sich Cissy sicher.
“Aber wie kommst du darauf, dass sie im Norden sind, Mutter?”, durchbrach Dracos leise Stimme das Schweigen und in seinen graublauen Augen tobte ein Sturm, wie man ihn nur selten bei ihm sah. Und doch war es nachvollziehbar, ging es hier doch um seine Tochter, die er fünfzehn Jahre lang aufgezogen hatte. Dass sie nicht war, wie sie sein sollte, war ihm zwar immer ein Dorn im Auge gewesen, aber wenn man die Umstände betrachtete, von denen nur die drei versammelten Erwachsenen und Lucius wussten, dann musste er darüber mehr oder weniger hinweg sehen.
“Es gab dort Berichte über mysteriöse Todesfälle”, entgegnete Narcissa mit ernster Miene, “die alle Bellas Handschrift tragen. Die Muggel sind natürlich ratlos und das Ministerium ist einfach zu dumm, um sie zu finden. Wir wissen nicht, in welcher Art Bellatrix lebt und sich fortbewegt. Andromeda ist erstmal vor Ort und ich werde auch hinreisen, sobald wir hier fertig sind.”
Einen Augenblick lang entgleisten Dracos Gesichtszüge und er sah mehr wie Lucius aus, denn je, als dieser von ihrem Treffen mit Andra erfahren hatte. Familie, dachte Narcissa nur.
“Seit wann hast du mit ihr wieder zu schaffen?”, fragte Draco argwöhnisch und auch sichtlich unbegeistert. Er wusste schließlich um Andromedas Verbannung und auch die Gründe waren ihm sehr gut bekannt.
Cissy sah ihn finster an: “Urteile nicht über die Entscheidungen deiner Mutter, junger Mann. In Zeiten wie diesen, kann jede Unterstützung wichtig sein. Andromeda liegt es genauso nah wie uns, Imogene heil und unversehrt wieder bei uns zu haben.”
Draco griff nach dem Tagespropheten und schlug ihn auf, um dahinter zu verschwinden: “Tu, was du für richtig hältst. Ich kann es dir sowieso nicht ausreden. Obwohl ich dachte, Vater würde es verhindern.”
Narcissa erhob sich und griff nach ihrem Schal: “Ich habe ohne sein Wissen gehandelt, Draco. Ich bin nicht davon abhängig, was er sagt. Seine Begeisterung hielt sich allerdings ebenso in Grenzen wie die deine. Haben sich Scorpius und Aranea gemeldet?”
Astoria nickte: “Sie ärgern sich darüber, nicht aktiv an der Suche beteiligt sein zu können, halten die Augen aber in Hogwarts offen. Dort herrschen teilweise chaotische Zustände seit dem Verschwinden von Imogene und Albus.”
Cissy nickte. Das war zu erwarten gewesen. Sie hatte es gewusst, als sie in die Augen von Miranda Fletcher geblickt hatte. Das war erst der Anfang gewesen und die Malfoy sorgte sich darum, was noch folgen würde. Sie mussten die Kinder endlich finden, soviel stand fest.
“Schickt eine Eule, wenn es Neuigkeiten gibt”, sagte Narcissa und verabschiedete sich mit einem Nicken bei Draco und Astoria, ehe sie das Haus verließ, die Einfahrt runterging und disapparierte, um ihrer Schwester zu helfen.

*~*~*

Aranea saß in der Bibliothek und brütete über einem Wälzer, den sie unter normalen Umständen nichtmal eines Blickes gewürdigt hätte. Bei ihr saßen Scorpius und Zabini, ebenfalls Nathaneal. Sie alle versuchten einen Weg zu finden, Imogene und Albus zu retten, obgleich sie nicht wussten wovor. Albus war ihr dabei relativ egal, es ging um ihre Schwester. Sie schob dem Potter sogar die Schuld in die Schuhe, dass sie verschwunden war und überging dabei die Tatsache, dass er selbst vom Erdboden verschluckt war.
“Schon was Neues rausgefunden?”, erklang die Stimme von Fred Weasley, ehe er Aranea einen Kuss auf die Wange gab und sich neben sie setzte. Sofort glitt ein leichtes Lächeln über ihre Lippen, welches aber schnell wieder erstarb und sie schüttelte den Kopf.
“Nein. Da wir nicht wissen, was wir konkret suchen, ist es auch schwer etwas zu finden”, erwiderte die Malfoy seufzend und lehnte sich an ihren Freund. Scorpius sah die Beiden mit einem missbilligendem Blick an: “Wenn irh weniger turteln und mehr suchen würdet, hätten wir das Problem sicher schon längst gelöst.”
Nea lachte und sah ihren Bruder amüsiert an: “Nun hab dich doch nicht so, nur weil du notorisch untervögelt bist.” Fred grinste über ihre Worte, doch Scorp lief vor Wut rot an und starrte die Jüngere mit kaltem Blick an: “Lehn’ dich nicht zu weit aus dem Fenster, Schwesterchen. Sonst wachst du eines Morgens vielleicht ohne Haare auf.”
Die Blondine zischte, doch dieses Mal ging Nate dazwischen, bevor ein lautstarker Streit entstehen konnte: “Ein Streit hilft uns auch nicht weiter. Ich würde meine Verlobte gern lebend wiedersehen und keine Zeit mit Zänkereien verschwenden.”
Fred, der sich immer über eine solche Ausdrucksweise lustig gemacht hatte, war jetzt unglaublich ernst: “Wir werden sie auch lebend wiederfinden, Nate. Imogene ist stärker als sie aussieht, die kann einiges wegstecken.”
Selbst Adrian verkniff sich ein Kommentar und beugte sich wieder über das Buch. Scorpius bekam es mit Schuldgefühlen zu tun, ein weiteres Mal. Er hatte eine ungefähre Ahnung, was ablief, immerhin hatte Miranda ihn eingeweiht. Woher sie das wusste, war ihm hingegen ein Rätsel. Aber ihm war aufgefallen, dass sie in letzter Zeit ziemlich oft abwesend war. Wenn er sie darauf ansprach, machte sie vollkommen dicht, weil er damit nichts zu tun wollen hatte. Hätte er zumindest Interesse geheuchelt, dann hätten sie Gene und Al sicher schon längst wieder gefunden. Er könnte sich selbst dafür lynchen.
Woher hätte er auch wissen sollen, dass es so ernst war? Seufzend fuhr er sich durchs malfoyblonde Haar und stand schließlich auf: “Ich denke, ich suche uns jemanden, der uns eher weiterhelfen kann.” Bevor irgendeine Frage aufkommen konnte, verließ er die Bibliothek und auch gleich das Schloss.
Draußen zündete sich der Malfoy erstmal eine Zigarette an, um runterzukommen. Denn er konnte selbst nicht glauben, was er vorhatte. Beziehungsweise, wen er vor hatte zu fragen, ob sie ihnen helfen würde. Die Rede war von niemand geringerem als Rose Weasley.

Binnen kürzester Zeit hatte er den roten Haarschopf der Vertrauensschülerin auch schon gefunden, da es nur wenige Orte gab, an denen sie sich aufhielt. Und in der Bibliothek war sie ja schon nicht gewesen.
“Rose!”, rief er ihr zu und sie wandte sich zu ihm um. Das tiefe Blau ihrer Augen traf ihn jedes Mal aufs Neue, wenn sie ihn mit diesem Blick ansah, der nur aussagte, dass sie kein Interesse an einer Unterhaltung mit ihm hatte. Doch in den letzten Monaten hatte sich in diesen Blick auch große Sorge um ihren Cousin gemischt. Und um ihre Freundin Imogene.
“Was willst du, Malfoy?”, fragte sie in der Absicht argwöhnisch zu klingen, doch er hörte heraus, dass sie hoffte, er hätte gute Nachrichten. Und es gefiel ihm nicht, sie enttäuschen zu müssen. Selbst wenn sie nie sowas wie Freunde waren und auch nie werden würden, hegte er mittlerweile doch so etwas wie Sympathie für das Mädchen.
Sie war klug, konnte sehr nett sein und sah auch nicht schlecht aus. Zudem hatte sie Feuer und das gefiel ihm ziemlich gut, wenn er das auch nicht zugeben würde. Bei Aranea nervte ihn nämlich genau dieses Feuer, weil sie dadurch zur Zicke mutierte.
Doch die Aussicht, sie um Hilfe bitten zu müssen, war trotzdem ziemlich bitter. Und wäre es nicht so wichtig, hätte er es auch nie getan: “Wir brauchen deine Hilfe. Bitte. Wir kommen einfach nicht weiter.”
Rose sah ihn fassungslos an. Scorpius Malfoy wollte ihre Hilfe? Das war ja wie Weihnachten und ihr Geburtstag zusammen, mit dem bitteren Beigeschmack von Sorgen, die sie sich alle beide machten.
Es war an der Zeit, die Familienfehde zu umgehen und gemeinsam zu handeln, um ihre Familienmitglieder zu retten, das wusste auch die Weasley. Also stimmte sie zu und nahm die Hand, die er ihr anbot.
“Das ist ein Friedensangebot auf lange Zeit, Malfoy. Ich hoffe, du bist dir dessen bewusst”, merkte die Rothaarige sehr ernst an und Scorpius nickte: “Das weiß ich. Und ich habe nicht vor, es zu brechen.”

*~*~*

Bellatrix stand am Hügel und blickte auf das Dorf hinab, das sich unter ihr erstreckte. Ein mädchenhaftes, aber boshaftes Lächeln umspielte die Lippen der Blondine. Wieder zwei Schlammblüter weniger, wieder zwei Phiolen mehr mit lebensspendendem Blut. Sie wusste nicht wieso es so war, doch selbst mit ihrem neuen Körper brauchte sie Blut, um ihre Seele weiterhin an diesen zu binden. Sie stellte es auch nicht in Frage, solange es wirklich etwas brachte.
Oh, gleich wurde es spannend. Die Tochter der Schlammblüter kehrte nach Hause ein. Es dauerte nicht lange bis ein gellender Laut die Stille des Dörfchens durchriss. Was für eine Genugtuung das doch war! Wie ein Energieschub wirkte sich das Leid des Menschen auf sie aus. Als sie Schritte hörte, wirbelte sie herum. Doch es war nur Tom, der auf sie zukam.
“Hast du es?”, fragte er ohne Umschweife nach und ein Ausdruck grenzenloser Verehrung trat ins Gesicht der blonden Frau, als sie ihm die Phiolen reichte.
“Ja, Herr”, gab sie leise zurück, trotzdem überschlug sich ihre Stimme in einem Anflug von Euphorie. Sie war immer noch die selbe fanatische Anhängerin ihres Lords, wie sie es schon vor vierzig Jahren gewesen war. Mit zwei Unterschieden: Sie hatte einen jungen und schönen Körper und sie war fast so mächtig wie Tom selbst. Und das gefiel ihr außerordentlich gut.
“Sehr schön. Der blaue Mond wird bald am Himmel stehen und dann ist es Zeit für ein neues Regime. Potter stand lange genug an der Spitze”, murmelte Tom und blickte ebenfalls zum Dorf hinunter, wo jetzt Krankenwagen um die Kurve bogen und vor einem kleinen Haus stehen blieben. Doch er wusste, dass dieser überflüssig war. Es war längst zu spät und keine Wiederbelebungsmaßnahme der Welt konnte die beiden Schlammblüter wieder zurückholen.
“Wir sollten allmählich zurück. Der Trank verliert seine Wirkung”, meinte er nach einen Moment der Stille und ging mit sicheren Schritten zum Wald, verschwand zwischen den Bäumen und nahm an der kleinen Hütte wieder Gestalt an, wo er allmählich anfing, das Aussehen eines stattlichen Mannes zu verlieren und schrumpfte, schlanker wurde, bis der Körper von Albus Potter an seiner Stelle stand. Das war der Moment, an dem es auch als Geist galt, sich zurück zu ziehen.

Albus blickte in seine Hand, welche zwei Phiolen mit roter Flüssigkeit festhielt. Ihm wurde schlecht und er legte sie aufs Regal an der Wand. Er wusste, dass es Blut war und auch, dass er es besser unangetastet ließ. Als er zum ersten Mal mitbekommen hatte, dass er nicht mehr Herr seiner Sinne war, hatte er die Phiolen vor Schreck zerstört, woraufhin Imogene- oder besser gesagt Bellatrix- mit einem Cruciatos hatte büßen lassen. Und auf eine Wiederholung davon war er nicht gerade scharf.
Apropos Imogene, wo blieb sie? Es war selten, dass sie nicht beide zur gleichen Zeit ihre Körper hergeben mussten und er schätzte, dass sie auch jetzt jeden Moment kommen musste. Es sei denn, Bellatrix wurde unvorsichtig. Wie sehr er sich das wünschte! Dass jemand ihn oder Gene erkannte und das weiterleitete ans Ministerium, an die Aurorenzentrale..an seinen Vater.
In diesem Moment schlug die Tür auf und Imogene kam herein, mit Schnee in den Haaren und bläulichen Lippen. Und definitiv auch wütend.
“Was ist passiert?”, fragte Al sofort und zog sie in die Hütte, bevor er die Tür zumachte, “du bist ja total durchgefroren!”
“Diese verdammte eingebildete Kuh wollte unbedingt noch etwas Spaß haben”, antwortete Imogene in verächtlichem Tonfall, “der damit geendet hat, dass ich vor ein paar Hunden davon laufen durfte wie ein Kaninchen und schließlich im Schnee gelandet bin.”
Niemals hatte die junge Malfoy gedacht, Hass empfinden zu können. Abneigung ja, aber Hass? Doch sie hasste Bellatrix abgrundtief, mit jeder Faser ihres Herzens. Sie hasste sie dafür, was sie ihr antat, was sie ihrer Familie antat und was sie Albus antat. Und dafür, dass sie Voldemort irgendwie wieder zurückgeholt hatte und Albus als dessen Wirt benutzte.
Imogene hasste sie so sehr, dass sie sich oft vorstellte, sie zu töten. Aber so wie es im Moment aussah, würde das bedeuten, sich selbst töten zu müssen und das würde erstmal nichts bringen, da immer noch Voldemort existierte.
Albus nahm eine Decke zu sich und legte sie Imogene um die Schultern, während er ihrem Wutausbruch lauschte. Wäre es nicht so schrecklich ernst, dann wäre es zu komisch gewesen, da Imogene wahnsinnig süß aussah, wenn sie wütend war. Nur ihre Augen brachten diese Gefühle rüber, kalt und abweisend, wie ein rauher Sturm auf dem Meer.
Es war faszinierend, vorallem, weil er sie sonst nur als schüchternes und verträumtes Mädchen kannte. Die Umstände, die sie zu dieser Art verleiteten, waren zwar nicht gerade rosig, dennoch.
“Beruhig dich, Gene”, sagte er ruhig, “du beißt dir noch die Lippe blutig.” Zähneknirschend ließ Imogene davon ab, sich in die Unterlippe zu beißen, ehe sie seufzte: “Ich will nur, dass es endlich aufhört, Albus. Ich hasse diese Machtlosigkeit.”
Al nickte. Er verstand ganz genau, was sie meinte.

Montag, 23. September 2013

Kapitel 12- Clockwork to the end

Dezember

Weisser, unangetasteter Schnee lag auf den Ländereien von Hogwarts. Imogene Malfoy lehnte ihre Stirn gegen die kühle Fensterscheibe und starrte nach draußen. Vor wenigen Minuten hatte sie noch eine hitzige Diskussion mit Nate geführt. Seit er hier war, ging es in ihrem Kopf nur noch drunter und drüber. Denn sie hatte nicht erwartet, dass er so nett wäre. Als sie ihm das letzte Mal begegnet war, vor seiner Versetzung nach Amerika, war er ein ungehobelter, unfreundlicher Unruhestifter gewesen, von dem sie sich schon aus Prinzip ferngehalten hatte. Und jetzt? Er war charmant, höflich, nett und sah verdammt gut aus. Innerhalb kürzester Zeit hatte er sich sehr beliebt unter den Mädchen gemacht. Er war ernsthafte Konkurrenz für Albus.
Und ironischerweise passte es Imogene nicht. Denn es gab eine Verbindung zwischen ihr und dem Potter, die niemand verstehen könnte. Selbst sie wusste nicht, wie das passiert war.
Araneas aufgeregte Stimme riss sie aus ihren Gedanken, als sie ins Zimmer gestürmt kam: “Imogene, du bist ja noch immer nicht angezogen! Willst du etwa im Bademantel zum Ball gehen?” Gene musterte ihre Schwester, die in einem kurzen schwarzen Kleid vor ihr stand und sich die Haare kunstvoll gelockt und zur Seite gesteckt hatte. Aranea sah wirklich fantastisch aus.
“Nein, das hatte ich nicht vor”, gab Gene lächelnd zurück und stand auf, “du siehst wirklich gut aus.” Araneas Lächeln zeigte den typischen Stolz, den sie sich nie bemühte zu verbergen. Sie drehte sich einmal um die eigene Achse: “Ich weiß. Hoffentlich denkt Adrian an den weissen Blumenstrauß. Andernfalls muss ich ihn wohl an der Unterwäsche aufhängen.” Sie lachte und griff nach ihren silbernen Schuhen, in die sie sogleich schlüpfte.
Imogene zog ihren Bademantel aus und präsentierte sich in einem nachtblauen Kleid, das auf Kniehöhe endete. Dazu trug sie eine silberne Kette mit Saphir Anhänger, die sie von ihrer Großmutter bekommen hatte. Zum ersten Mal fühlte sie sich nicht mehr als kleines Mädchen sondern als junge Frau.
“Das steht dir sehr gut”, meinte Aranea anerkennend und fast glaubte ihre Schwester, so etwas wie Neid aus ihrer Stimme zu hören. Doch das war absurd. Aranea war nie neidisch auf sie, das war eher umgekehrt so.
“Wieso gehst du mit Adrian hin? Du hättest doch Fred fragen können”, wollte Imogene wissen und bemerkte mit Genugtuung, dass ihre Zwillingsschwester verlegen wurde. Selten kam sie in diesen Genuss.
“Du denkst doch nicht ernsthaft, ich würde mich  mit einem Wiesel blicken lassen?”, fragte Aranea mit angewiderter Miene und konnte dennoch ihre Verlegenheit nicht verbergen. Imogene lachte nur und griff sich ihre kleine Handtasche, dann zog sie ihre Schwester mit sich.
Zum letzten Mal waren sie eine Einheit.

*~*~*

Mit dem Rücken zur großen Doppeltür, die in die festlich geschmückte Halle führte, betrachtete Narcissa Malfoy die kleine Schülergruppe, die sich noch ein letztes Mal über die Regelungen unterhielten. Mit Stolz blickte sie auf ihren Enkel Scorpius, der ohne Probleme den Ton angab. Nur Rose Weasley fuhr ihm manchmal über den Mund, was der Malfoy anscheinend aber locker nahm und ihr sehr locker die Stirn bot. Narcissas Blick wanderte auf die kleine kristallene Uhr an ihrem Handgelenk. In weniger als einer halben Stunde würde der Saal voller Schüler sein, die tanzten, sich amüsierten und einen Abend lang die allumfassende Strenge der Schule von sich fallen ließen.
Cissy selbst gehörte schon fast zu ihnen, mit einem Lächeln auf den Lippen und fast schon glücklich. Das Treffen mit Andromeda vor einer Woche war ausgesprochen gut gelaufen, auch wenn die Gründe weniger erfreulich waren.

Andromeda stand am Tor zu ihrem Garten und hatte sie in nervöser, freudiger Erwartung angesehen. Das graumelierte Haar zu einem straffen Knoten gebunden und die Klamotten sehr sorgfältig gewählt, machte sie den Eindruck einer strengen Lehrerin und Narcissa war unsicher, wie sie aufeinander reagieren würden.
Als würden keine vierzig Jahre zwischen ihnen liegen, fielen sie sich in die Arme und noch nie im Leben hatte Cissy sich so willkommen gefühlt wie in den Armen ihrer Schwester. Es war die richtige Entscheidung gewesen. Definitiv.
Beinahe den ganzen Tag saßen sie beisammen, erzählten sich alles, was ihnen in den Sinn kam. Andromeda fluchte über Lucius und Narcissa sprach ihr Mitleid wegen Nymphadora aus. Sehr gerne hätte sie ihre Nichte kennengelernt. Als es Abend wurde, mussten sie sich langsam aber sicher den unangenehmen Themen widmen.
“Ich habe dir geschrieben, weil ich dich warnen wollte”, kam Andromeda zum Punkt, “ich habe das Gefühl, etwas braut sich zusammen und deine Familie ist darin sehr involviert. Deine Familie und Bella.”
Ungläubig sah Narcissa ihre Schwester an, als sie sprach war ihre Stimme nur ein rauhes Flüstern: “Andra..Bella ist seit zwanzig Jahren tot.” Sie wusste nicht, was ihr Gegenüber sich da zusammenreimte und glauben wollte sie es erst recht nicht.
“Das ist mir durchaus bewusst, Cissy. Aber Bella war schon immer gut darin, Grenzen zu umgehen und überschreiten. Wer sagt, dass sie es diesmal nicht wieder getan hat?” Das hatte Narcissa nachdenklich gestimmt und schließlich musste sie ihr nickend zustimmen. Ja. Grenzen überschreiten konnte Bellatrix schon immer gut. Doch sie selbst war auch nicht besser. Seit fünfzehn Jahren trug sie ein Geheimnis mit sich herum, eine Überschreitung der Grenzen…

Und damit kehrte Cissy wieder ins Hier und Jetzt zurück. Sie hatte ihrer Schwester nichts von dem Geheimnis erzählt. Es war eine Sache zwischen Lucius, Astoria, Draco und ihr. Jede Person, die es sonst erfuhr, wusste damit eindeutig zuviel. Und es war gut so, wie es jetzt war. Die breite Flügeltür hinter ihr schwang auf und die ersten Paare kamen hereingeschwebt. Unter ihnen Aranea und Imogene mit ihren Begleitern. Die Mädchen sahen wirklich hinreißend aus und ein weiteres Mal wurde Narcissa von Stolz erfüllt. Die Beiden hatten sich zu wunderschönen, starken jungen Frauen entwickelt, mit einem angemessenen Anteil von Stolz, aber auch Toleranz. Selbst wenn Aranea das nicht so offen zeigte, war sie ein sehr toleranter Mensch geworden, der nur von seinem Stolz geblendet war.
Und auch die Begleiter ihrer Enkelinnen konnten sich durchaus sehen lassen. Narcissa war nicht sonderlich glücklich damit gewesen, dass Draco Imogene einen Verlobten aufgebürdet hatte, nur um sie vor etwaigen Fehltritten abzuhalten, doch so unglücklich schien die Kleine gar nicht mehr zu sein mit der Wahl. Das war sehr beruhigend, sie sah Gene nicht gerne leiden. Ehe sie sich versah, stand diese vor Cissy.
“Grandma!”, grinste Imogene und umarmte sie, “du siehst toll aus!” Cissy lächelte und strich ihrer Enkelin eine Haarsträhne aus dem Gesicht, die sich verirrt hatte.
“Das kann ich nur zurückgeben. Ihr beide seht absolut bezaubernd aus”, merkte sie an und lächelte auch Aranea zu, deren Miene vor Stolz fast platzte. Mit nichts mehr konnte man ihr eine größere Freude machen, als mit einem Kompliment. Es sei denn, man hieß Fred Weasley und sprach mit ihr.
Nathaneal begrüßte Narcissa höflich und entführte Imogene dann gleich auf die Tanzfläche, Adrian tat es ihm gleich und verschwand mit Aranea. Als Cissy ihren Enkeltöchtern nachsah, mischte sich Wehmut in ihre Gefühle. Sie wurden so schnell erwachsen.

*~*~*

Albus sah sich unzufrieden im Spiegel an. Seine Haare sahen seltsam aus, seit seine Schwester versucht hatte, sie mit einem Zauber zu kürzen. Hätte er sie nur nicht rangelassen. Zwar hatte er es mit viel Mühe hinbekommen, dass sie wieder glatt waren und nicht so katastrophal aussahen wie zuvor, aber es reichte ihm nicht.
Sein Festumhang war schlicht gehalten, ähnelte einem Smoking sehr und nur die blauen Seidensäume an Kragen und Ärmeln hoben ihn von der Menge ab.
Er warf einen kurzen Blick auf seine Armbanduhr. Ups, es wurde langsam Zeit, Miranda abzuholen. Er zog seine Fliege gerade und verließ dann den Schlafsaal. Mit zielstrebiger Sicherheit ging er nach unten in die Kerker, um vor dem Gemeinschaftsraum auf seine Begleitung zu warten. Sein Gefühl sagte ihm, dass es nicht nur der Weihnachtsball war, sondern der Auftakt für etwas Großes. Es erfüllte ihn mit Spannung und einer leichten Unruhe, die jedoch ganz angenehm war.
Als die Steinwand sich öffenete, hob er den Kopf und der Atem stockte ihm für einen Moment lang. Miranda Fletcher trat hervor und sie sah umwerfend aus. Absolut umwerfend. Ihr bodenlanges, smaragdgrünes Kleid schmeichelte ihrer Figur, das dunkle Haar war kunstvoll hochgesteckt. Eine Kette aus Weissgold lag um ihren Hals und ein silbernes Armband schmückte ihr Handgelenk.
Al räusperte sich und bot ihr den Arm an: “Du siehst umwerfend aus, Miranda.” Die Slytherin lächelte und ihre Augen funkelten verdächtig: “Ein bisschen Ablenkung kann ja nicht schaden. Außerdem kann Scorpius ruhig sehen, was ihm entgeht.”
Der Potter grinste amüsiert. Ja, Scorpius war echt ein Idiot, wenn er Miranda abwies und genau das hatte er auch getan. Irgendwie tat ihm die Fletcher deswegen leid, doch natürlich zeigte diese keine Schwäche, sie legte es nur darauf an, sich zu rächen. Dass Al dabei Mittel zum Zweck war, störte ihn nicht besonders.
Sie erreichten die Große Halle ziemlich schnell und mit Genugtuung nahm Miranda den Blick von Scorpius wahr. Mit hoch erhobenem Kopf stolzierte sie an ihm vorbei und zog Albus hinter sich her. Dieser hielt kurz Ausschau nach Imogene, die sich mit Nate unterhielt. Al musste zugeben, dass die Malfoy sehr gut aussah und fühlte sich fast ein wenig schlecht dabei, sie so ausgelassen mit Nathaneal zu sehen. Aber das war kein besonders großes Problem. Der Greengrass war nur ein Nebendarsteller in einem Theaterstück, das heute Abend sein Finale erleben würde.
Er wandte den Blick von Imogene ab forderte Miranda zum Tanz auf, wohlwissend, dass sie alle beide nur ein Ziel hatten. Auf den richtigen Moment zu warten.

*~*~*

Sie wurde schwächer. Mittlerweile so sehr, dass sie sich kaum noch auf den Beinen halten konnte. Doch das war gut so, denn ihr Körper war nur eine nutzlose Hülle, jetzt mehr denn je. Was hatte sie alles aushalten müssen? Sie war ins Jenseits eingetreten, wurde jedoch von jemandem ins Leben zurückgeholt, dem sie bisher nicht begegnet war. Kämpfe. Rückschläge und immer wieder knapp dem Tode entronnen. Doch es hatte sich gelohnt. Sie hatte jemanden gefunden, mit dem sie zu neuem Leben erblühen konnte. Und ihr Geist wechselte langsam und beständig den Körper, bald würde sie wieder jung und kräftig sein. Sie konnte es kaum erwarten.
Die Uhr näherte sich den letzten Stunden ihres erbärmlichen Daseins und ein Grinsen verzog ihr Gesicht zu einer abartigen Grimasse. Die fahle Haut spannte sich um die Knochen und die Narben hinterließen ein Muster. Das einst schwarze Haar hing grau und kraftlos herab, war dünn geworden. Doch all das spielte keine Rolle mehr. Bald würde sie ihr Spiegelbild wieder mögen. Zumindest mehr, als das was sie im Moment war. Und er ebenfalls.
Die Uhr schlug acht Uhr Abends. Nur noch vier Stunden. In Anbetracht ihrer Wartezeit von gut zwanzig Jahren, war das nur ein kleiner Katzensprung, den sie mit Geduld abwarten konnte.
“Genießt die letzten Stunden eures Lebens..solange ihr noch könnt”, murmelte sie mit rauher Stimme gegen die eisige Kälte, die ihren Körper erklomm, ein Lachen kroch ihre Kehle empor, ehe sie sich disapparierte um am vorgesehenen Ort zu warten..darauf, dass ihr Leben wieder lebenswert wurde.

*~*~*

Imogene drehte sich um ihre eigene Achse, ehe Nate sie wieder an sich zog. Ein warmes Gefühl machte sich in ihrem Inneren breit, das vermutlich vom Butterbier kam, doch es wäre gelogen zu behaupten, dass sie seine Gesellschaft nicht genoss. Er war sehr zuvorkommend zu ihr und erkundigte sich immer wieder, ob sie etwas trinken wollte, eine Pause brauchte oder sonstiges. Es war schon beinahe etwas nervig und doch ziemlich süß.
Auch jetzt lehnte er sich zu ihr rüber, so nah, dass seine Lippen fast ihr Ohr berührten: “Kann ich dir etwas bringen, Prinzessin?” Seine Stimme war samtig weich und doch ein wenig rauh und sein Atem, der über ihren Hals strich, weckte ein sonderbares Kribbeln in ihr. Er war das, was sie sich von Albus immer gewünscht hatte und es war fast ein wenig bitter, dass sie sich bei ihrem aufgezwugenen Verlobten so fühlte, wie sie es nunmal tat.
Als Albus mit Miranda aufgetaucht war, hatte sie unwillkürlich einen Stich aus Eifersucht verspürt, abgesehen davon sah die ältere Slytherin auch noch so verdammt gut aus, dass sie keine Chance hätte, wenn sie neben ihr stünde. Doch als Al sie angesehen hatte, war dieses Gefühl wieder verschwunden und es war in Ordnung. Denn die Verbindung war noch da.
“Würdest du mir ein Glas Wasser holen? Das wäre sehr nett”, antwortete sie Nate endlich mit einem Lächeln auf den Lippen. Wenn er sich schon so anbot, warum sollte sie es auch nicht nutzen?
Nate hauchte ihr einen Kuss auf den Handrücken und blickte grinsend zu ihr hoch: “Ich bin gleich wieder da.” Dann machte er sich auf den Weg. Kopfschüttelnd, aber amüsiert blickte Imogene ihm hinterher, ehe sie sich auf einen Stuhl setzte. Langsam taten ihr die Füße weh in den hohen Schuhen. Kaum hatte sie sich gesetzt, landete Aranea direkt neben ihr, mit erhitztem Gesicht und suchendem Blick.
“Was ist denn mit dir los?”, fragte Imogene ihre Schwester schmunzelnd. Aranea strich sich die Haare glatt und schwieg zunächst, doch dann platzte sie doch noch mit der Sprache raus: “Ich bin auf der Flucht vor Adrian. Und in gewisser Weise auch vor Fred.” Ihre Gesichtsfarbe wurde noch eine Spur dunkler. Imogene war verwirrt und das sah man ihr offenbar auch an, denn ohne nachfragen zu müssen, fing ihre Schwester an zu erklären: “Adrian wollte unbedingt rumknutschen, aber ich wollte nicht. Ich bin nur mit ihm zum Ball gegangen, damit ich nicht alleine muss. Eigentlich finde ich ihn ziemlich schrecklich. Und ich wollte Scorpius ärgern, weil er doch sein bester Freund ist.” Kurz zuckten ihre Mundwinkel verräterisch, die Andeutung eines triumphierendes Lächelns, denn als Scorpius sie gesehen hatte, war er wirklich kurz an die Decke gegangen. Imogene nickte nur und deutete ihr an, dass sie weiter erzählen sollte.
“Also, ich bin vor Adrian geflüchtet und gegen Fred gerannt. Und als Zabini mir auf den Fersen war, hab ich Fred einfach geküsst, damit er abzieht. Und dann bin ich vor Fred geflohen”, erklärte sie weiter und ihre Stimme überschlug sich dabei fast, ehe sie wieder durch den Raum blickte, “oh nein, da kommt Fred. Ich bin weg.”
Aranea sprang auf und verließ die Halle fluchtartig. Imogene blickte ihr belustigt hinterher. Es war nett, ihre Zwillingsschwester auch mal von dieser Seite zu sehen und nicht immer nur gelassen und schlagfertig.
Mit einem Mal wurde ihr schwummrig zumute. Imogene kniff die Augen zusammen, in der Hoffnung ihren Blick wieder zu klären, doch er blieb gleich verschwommen. Vorsichtig stand sie auf und schwankte zum Ausgang. Die Schüler, die sie dabei anrempelte, schüttelte sie mit einer gemurmelten Entschuldigung ab.
Ihre Füße versanken knöcheltief im Schnee und die eiskalte Nachtluft bahnte sich schon fast schmerzhaft einen Weg in ihre Lunge. Dennoch bekam sie keine Luft und ihr Herz wurde zu einem kalten Klumpen, zumindest fühlte es sich so an. Krampfhaft versuchte sie zu atmen, doch ihr wurde nur schwarz vor Augen.

“Imogene?”, wie durch tiefes Gewässer drang eine Stimme an ihr Ohr. Seine Stimme. Die Stimme des jungen Mannes, den sie seit Jahren begeherte.
“Albus”, flüsterte sie rauh und zwang ihre Augen sich zu öffnen, auch wenn es äußerst schwierig war, sich dem gemütlichen Treiben in der Wärme nicht mehr hinzugeben. Der Schwerelosigkeit und der Seligkeit, an nichts denken zu müssen und einfach vor sich hin zu träumen.
Doch seine Anwesenheit war Grund genug, sich freizukämpfen. Albus Gesicht war ihrem gefährlich nahe, er sah besorgt auf sie hinab und zum ersten Mal fiel ihr auf, dass seine Augen das Blau verloren hatten und gräulich geworden waren. Ein Fakt, der ihr unglaublich wichtig erschien.
“Was ist passiert?”, fragte die Malfoy und richtete sich langsam auf, wurde etwas rot, als sie merkte, dass ihr Kopf wohl auf seinem Schoß gelegen hatte. Etwas durcheinander sah sie sich um und stellte fest, dass sie fernab der Großen Halle waren. Oder gar nicht mehr in Hogwarts? Der Raum kam ihr zumindest nicht bekannt vor.
“Das wüsste ich gerne von dir. Als du die Halle so überstürzt verlassen hast, bin ich dir gefolg, aber als ich dich erreicht habe, lagst du schon bewusstlos im Schnee”, antwortete Albus mit ernster Miene und hielt weiterhin ihren Arm fest. Ob sie zu stützen oder an der Flucht zu hindern, sei dahingestellt.
Die Malfoy versuchte sich zu erinnern: “Mir war aufeinmal richtig schwindelig und ich habe keine Luft mehr bekommen…” Mehr wusste sie nicht mehr. Nur noch der Schmerz in ihrer Brust und dann war schon alles schwarz geworden.
Albus schwieg, doch seine Augen lagen weiterhin auf ihr mit einer Intensität, die ihr einen heißkalten Schauer über den Rücken jagte. So, wie sie sich das immer gewünscht hatte, dass er sie auch nur einmal so ansehen würde. Sofort raste ihr Herz wie ein Kolibri, doch statt sich daran zu erfreuen, versuchte sie lieber auf die Beine zu kommen. Zögerlich ließ Al ihren Arm los und etwas wackelig kam sie hoch. Dabei fiel ihr auf, dass sie keine Schuhe mehr trug. Ah. Sie standen unweit von ihr entfernt. Aber ihr war auch überhaupt nicht kalt, also waren sie vielleicht überflüssig.
Zaghaft sah sie sich im Zimmer um. Der Boden bestand aus Holzdielen und auch der Raum selbst schien aus Holz zu sein. Wäre er nicht so gut erhalten, hätte sie auf die Heulende Hütte getippt. Doch die Bilder an der Wand und das karge Mobiliar sah zu neu dafür aus.
“Wo sind wir hier, Albus?”, fragte sie und wandte sich wieder zu ihm um, ihr Blick war dabei so klar, als hätte sie diesen Zusammenbruch nie gehabt. Sie verschränkte die Arme vor der Brust und sah auf den immer noch sitzenden Potter herab.
Dieser schmunzelte ein wenig und stand in einer einzigen geschmeidigen Bewegung auf, ehe er mit ein paar Schritten den Raum durchquerte: “Erkennst du es denn nicht? Ich dachte, es würde dir eher auffallen.”
Skeptisch blickte die junge Malfoy ihn an, ehe sie sich genauer umsah und langsam dämmerte es ihr, was dazu führte, dass sie fassungslos den Kopf schüttelte: “Das ist die Hütte in der Nähe von Großmutters Anwesen.”
Albus applaudierte, ein spöttisches Geräusch in ihren Augen, auch seine Miene zeigte eine Spur von Spott: “Hundert Punkte für die kleine Malfoy.” Sie sah ihm mitten ins Gesicht, musterte seine Züge und blieb bei seinen Augen hängen: “Wir sind nicht mehr die, die wir einmal waren. Wir sind Menschen, die wir nie sein wollten...hab ich recht?”

*~*~*

Narcissa blickte über die Tanzfläche, ein beunruhigendes Gefühl hatte Besitz von ihr ergriffen. Auch wenn alles friedlich und ruhig schien, abgesehen von den lauten Kapriolen der Jugend, die sich hier versammelt hatte, so wusste sie, dass etwas nicht stimmte.Doch sie konnte nicht sagen, was es war. Ruhelos schwebte sie zwischen den Schülern hindurch und blickte sich nach ihren Enkeln um, doch keinen davon konnte sie finden.
“Mrs. Malfoy, haben sie Imogene irgendwo gesehen?”, wurde sie von der Seite angsprochen und sie hielt kurz inne. Ihr Blick lag auf Lily Potter, die besorgt zu ihr hochsah.
“Ich hatte gehofft, sie würden mir das sagen können, Miss Potter”, gab sie zu und blickte wieder über die Schülermenge. Lily folgte ihrem Blick und verschränkte die Arme vor der Brust: “Sowas aber auch. Dabei wollte sie sich mit mir treffen. Ich suche dann mal weiter, danke.” Und schon war ihr roter Haarschopf zwischen den Schülern verschwunden. Cissy runzelte die Stirn. Es sah Imogene nicht ähnlich, ihre beste Freundin zu versetzen. Oder überhaupt jemanden zu versetzen.
Als sie den Blick von Miranda Fletcher kreuzte und ihr die Worte von Andromeda wieder in den Sinn kamen, traf sie die bittere Erkenntnis wie ein Schlag und ein Anflug von Panik überkam sie: “Nein. Nicht Imogene.”

Sonntag, 22. September 2013

Kapitel 11 - Words on Signs

Kapitel 11 - Words on Signs

Es verging eine ganze Weile, bis jemand an Lily und Imogene vorbeikam, die regungslos auf dem gefrorenen Boden lagen. Letztendlich war es sogar Scorpius selbst, der die beiden Mädchen von ihrem Leid erlöste.
Das süffisante Grinsen lag dabei immer noch auf seinem Gesicht, als wäre nichts gewesen, während Imogene ihre steifen und gefrorenen Glieder bewegte, um sie schmerzhaft wieder zum Auftauen zu bringen. Und Lily ging es dabei nicht viel anders. Doch während diese ausschließlich damit beschäftigt war, starrte Imogene ihren Bruder sehr finster an: “Das ist alles deine verdammte Schuld, Scorpius! Miranda hat uns angegriffen, weil du sie im Team aufgenommen hast und du sie flachgelegt hast und-”
Scorp brachte sie zum Schweigen, indem er ihr einen eisigen Blick zuwarf: “Und du warst doch diejenige, die sie provoziert hat, nicht wahr?” Lily ließ ein kleines Glucksen hören, womit sie zeigte, wie amüsiert sie war. Schön, dachte Imogene, dass zumindest eine ihren Spaß hat!
Bei Merlin, manchmal würde es sie wirklich interessieren, was im Kopf ihrer besten Freundin vor sich ging, doch jetzt war ganz definitiv  nicht der richtige Zeitpunkt, um dies in Erfahrung zu bringen.
Als sie ihre Gliedmaßen wieder annähernd spürte, machte sie sich wutschnaubend auf den Weg ins Schloss, ohne ihren Bruder noch einmal mit einem Blick zu bedenken. Lily murmelte diesem jedoch einen kleinen Dank zu, ehe sie Imogene folgte.
“Es war doch wirklich nett von ihm, uns zu helfen”, meinte sie in dem Versuch, die Geschwister zu versöhnen, doch die Malfoy rang sich ein schmales Lächeln dazu ab: “Er hat uns doch nur geholfen, weil er sonst für den Schuldigen gehalten worden wäre.” Die Potter schüttelte fassungslos den Kopf. Früher hätte ihre beste Freundin sowas nicht vom Hocker gelassen, sondern ihr zugestimmt. Ihrer Meinung nach war das eine ziemlich beunruhigende Entwicklung, da Imogene eigentlich sogar dann nett war, wenn sie schlecht drauf war.
“Was ist nur mit dir los?”, fragte die Rothaarige leise und doch laut genug, dass Imogene sie hören konnte. Diese schwieg zunächst eisern und zog die Augenbrauen hoch, ehe sie wieder eins dieser Lächeln sehen ließ, die einem zeigten, dass man nie die Wahrheit erfahren würde: “Ich weiß gar nicht, was du meinst.”
Lily verschränkte die Arme und bedachte sie mit dem typischen Molly Weasley-Blick, doch an Gene prallte er wirkungslos ab. Stattdessen strich sie sich nur unbeeindruckt eine Haarsträhne hinters Ohr und schenkte Lily ein strahlendes Lächeln: “Er hat dich einen Moment lang nicht aus den Augen gelassen.”
Lily lief rot an und stolperte, sagte aber nichts mehr dazu und die Malfoy lächelte zufrieden. Sie wusste doch, wie man eine Lily Potter zum Schweigen brachte.
*~*~*
Narcissa Malfoy stand am Fenster ihres Büros und blickte nachdenklich aus dem Fenster. Ihre Enkelin vereint mit einer Potter zu sehen, war für sie immer noch ein sehr eigenartiger Anblick, den sie aber guthieß. Im Gegensatz zu ihrem Mann hatte sie nichts gegen die Weasleys und Potters. Nicht mehr. Doch sie hatte nicht besonders viel zu sage und dass sie diesen Posten angetreten hatte, sorgte für große Missbilligung ihres Mannes und ihre ohnehin schon kalte Beziehung war noch weiter abgekühlt. Cissy hatte sich schon längst damit abgefunden, dass sich in dieser Hinsicht nichts mehr bessern würde. Sie war alt und ihre Zeit lief langsam ab. Einzig und allein ein schlechtes Gefühl, man konnte es auch Vorahnung nennen, hatte sie zu ihrem Handeln getrieben. Sie wollte ein Auge auf ihre Enkelkinder haben, ganz besonders auf die naive Imogene. Bereits jetzt überkam sie immer öfter das Gefühl, irgendetweas Wichtiges übersehen zu haben.
“Professor Malfoy? Ein Brief für sie”, riss sie eine Stimme aus den Gedanken und in der Tür stand eine Sechstklässlerin aus Gryffindor. Rose Weasley. Narcissa nahm den Brief dankend entgegen und die Rothaarige verließ das Büro so schnell wie möglich. Scheinbar war diese nicht so begeistert davon, noch eine Malfoy mehr im Schloss zu haben.
Sie lenkte ihren Blick auf den Umschlag, kein Absender. Umso neugieriger öffnete sie den Umschlag und entfaltete den Brief.
Er war von ihrer Schwester Andromeda. Ihr Herzschlag setzte einen Moment lang aus und sie gab sich einem Gefühl von Wehmut hin. Seit fast vierzig Jahren hatte sie nichts mehr von ihrer älteren Schwester gehört. Ihre Gedanken reisten zurück an jenen Tag…
Es war ein kalter Dezembermorgen, es hatte gerade frischen Schnee gegeben. Andromeda und ihr Verlobter Ted standen in der Eingangshalle, ihnen gegenüber ihr Vater. Bellatrix und Narcissa versteckten sich oben auf der Treppe, Bella mit einem argwöhnischen und herablassenden Lächeln und Narcissa sorgenvoll, mit schmerzenden Fingern, weil sie das Geländer so stark umklammerte.
“Ich werde ihn heiraten, ob es euch gefällt oder nicht”, hallte die Stimme Andromedas klar und deutlich von den Wänden wieder. Ihr Blick war entschlossen ebenso ihre Miene. Narcissa sah, wie fest sich ihre Hände mit denen Ted Tonks’ verschränkt hatten, auch er war entschlossen ihren Eltern die Stirn zu bieten, sollte es nötig sein.
Eisige Stille legte sich über die Anwesenden, ehe Druella hysterisch lachte, doch selbst dieser peinliche Versuch die Situation zu entspannen konnte nicht verhindern, was danach geschah. Cygnus Black sah seine Tochter nicht länger als solche an und seine Stimme war bedrohlich leise: “Raus aus meinem Haus.”
Cissy traten Tränen in die Augen und sie sprang auf, doch ihre Schwester Bellatrix hielt sie zurück: “Lass.” Beide wandten sich wieder dem Schauspiel vor ihnen zu. Andromeda sah ihre Eltern mit hoch erhobenem Kopf an: “Ihr werdet eure spießige Haltung nie verlieren, was?”
Die Stimme ihres Vaters hallte von den Wänden wieder, als er das nächste Mal sprach, laut und voller Hass: “Raus aus meinem Haus! Und wage es ja nicht, dich jemals wieder hier blicken zu lassen!”
Andromeda zuckte kurz zusammen und Cissy hörte Ted irgendetwas murmeln, doch ihre Schwester schüttelte den Kopf und richtete sich an ihren Vater: “Ganz wie du wünscht, Vater. Oder sollte ich sagen, Mr. Black? Denn nun scheint es ja so, als wäre ich einst deine Tochter gewesen.” Druella Blacks Miene war kraftlos geworden, doch Cygnus sah mit Abscheu auf das Paar vor sich hinab, ohne noch ein Wort zu sagen. Es war besiegelt. Ein kurzer Blick Andromedas wanderte hoch zur Treppe, als wüsste sie, dass ihre Schwestern dort oben waren und sie beobachteten. Ihre großen braunen Augen wirkten traurig, doch dann wandte sie sich ab und verließ das Haus zusammen mit dem Mann, den sie ein halbes Jahr später heiratete. Sie kam nie wieder zurück.
In den darauffolgenden Jahren hatte Cissy sich immer wieder gewünscht, Andromeda wiederzusehen, doch die Angst vor ihrem Vater war ebenso allgegenwärtig gewesen. Irgendwann war es zur Gewohnheit geworden, immer ein schwaches Gefühl von Vermissen zu verspüren. Und jetzt war es wieder so stark wie nie. Ihre Schwester schrieb etwas von einer Gefahr und dass sie sich dringend treffen sollten. Also hatte nicht nur Andromeda es gespürt.
Cissys Blick glitt wieder zum Fenster. Das Wetter hatte sich noch mehr verdüstert, als würde es ihre Gedanken lesen.
*~*~*
Albus lief ungeduldig auf und ab. In seiner Hand hielt er den Zauberstab fest umklammernd, während sein Blick sich immer wieder auf die Tür bohrte, an der er vorbeikam. Er konnte selbst nicht glauben, dass er auf Scorpius Malfoy und Miranda Fletcher wartete. Er konnte es sich nicht erklären. Doch sein Gefühl sagte ihm, dass es wichtig war, mit ihnen zu sprechen.
Die Tür des Gemeinschaftsraumes von Slytherin schwang auf und ein recht genervt blickender Scorpius trat heraus. Seine Miene wurde noch eine Spur finsterer, als er den Potter erblickte: “Was willst du?”
Al sah den Blonden einen Augenblick lang an und fragte sich selbst, was er eigentlich wollte. Denn er hatte keinen blassen Schimmer. Hinter Scorpius erschien schließlich Miranda Fletcher mit einem Grinsen auf den Lippen, als hätte sie kein Wässerchen zu trüben.
“Ich glaube, es ist soweit und wir müssen die Vereinigung gründen”, kam es über Albus Lippen, bevor er überhaupt auch nur einen Gedanken darüber verschwendet hatte, was er jetzt sagen sollte. Doch seine Worte kamen mit einer solchen Gewissheit über seine Lippen, dass er keinen Zweifel dran hatte, dass sie stimmten.
Scorpius sah den Potter äußerst skeptisch an, doch Miranda weitete die Augen in überraschter Manier: “Du?”
Ein kühles Lächeln lag auf den Lippen des Ravenclaws, der jetzt viel sicherer wirkte, als eben noch und ebenso erwachsener. Scorpius beäugte ihn kritisch, weil er das für seltsam und unmöglich hielt. Möglicherweise spielte ihm sein Gehirn aber auch einen Streich.
Seine Worte waren viel interessanter und Argwohn mischte sich in seine Stimme: “Wovon sprichst du, Potter?” Albus wechselte einen kurzen Blick mit Miranda, welche nur ein süßliches Grinsen zeigte.
“Das wirst du schon noch früh genug erfahren, Scorpius. Ich würde dir nur raten, dass du in Mirandas Nähe bleibst, wenn du nichts verpassen willst”, bemerkte Al ebenso argwöhnisch und mit leichter Arroganz in der Stimme, die man von ihm so gut wie nie zu spüren bekam. Aber es gefiel ihm sichtlich, dass der Malfoy einmal nicht wusste wroum es ging.
Der Blonde verschränkte die Arme vor der Brust, seine ganze Körperhaltung war pure Ablehnung und doch verrieten seine Augen so etwas wie Interesse.
Die Augen eines Malfoys verrieten viel mehr als Gestik und Mimik es jemals könnten, pflegte seine Tante Hermine zu sagen. Es war Al ein Rätsel, wie sie auf so eine Aussage gekommen war, doch er musste ihr insgeheim auch Recht geben. Dann sah der Potter zu Miranda, Wissen blitzte in seinen Augen auf: “Wieso hast du Imogene und Lily verflucht?” Das schallende Lachen der Slytherin hallte von den Wänden wieder, gänzlich triefend vor Spott, ehe sie sich zu einer Antwort durchrang: “Ist das dein Ernst? Nur weil wir mit ihr zusammenarbeiten, heißt das doch nicht, dass ich sie nicht ein bisschen quälen darf.”
Nun schaltete sich Scorpius wieder ein und mit wütender Miene sah er die Fletcher an: “Du hast meiner Schwester das angetan? Ich sollte dich-”
Bevor er dazu kam auszureden, lachte sie nur wieder: “Sie ist längst nicht mehr deine Schwester. Nun..zumindest nicht mehr ganz. Sie wird immer weniger die Imogene Malfoy sein, die du kennst und liebst, mein lieber Scorpius.”
“Miranda!”, zischte Albus harsch, “das ist nicht der richtige Zeitpunkt! Ich denke nur, ihr solltet wissen, dass es von Vorteil für euch wäre, am Samstag um Mitternacht im Uhrenturm aufzutauchen. Wenn ihr zumindest auf der richtigen Seite stehen wollt.”
“Sind wir hier fertig? Ich habe noch weitaus wichtigeres zu tun”, fragte Miranda in übertriebener Ungeduld, ohne dabei die theatralische Geste auszulassen, auf ihre Uhr zu sehen.
“Ich weiß ja nicht, was du als wichtig verstehst, aber sich die Nägel feilen und Jungs anzubaggern würde ich nicht dazu zählen”, spottete der Malfoy um zu verbergen, wie irritiert er war und auch, was Al damit zu tun hatte.
Wie eine Schlange zischte Miranda daraufhin, aber Al fuhr ein weiteres Mal dazwischen, bevor ein Streit ausbrach: “Ich verlasse mich darauf, dass du Scorpius alles weitere erklärst. Ich habe nämlich wirklich Wichtigeres zu tun.” Er nickte den Beiden kurz zu, dann wandte er sich ab und verließ den Gang wieder. Der erste Schritt war getan und er wusste, dass es richtig war.
*~*~*
Die Nacht senkte sich langsam über Hogwarts und mit ihr die Ungewissheit. Imogene saß im Gemeinschaftsraum der Slytherins und hatte ein Buch auf ihrem Schoß liegen. Doch statt es zu lesen, starrte sie in die knisternden Flammen des Kamins, ohne diese wirklich wahrzunehmen. Ihre Gedanken waren weit, weit weg. Immer wieder tauchte sie an Orten auf, von denen sie nicht wusste, wie sie dorthin gekommen war und das machte ihr langsam große Sorgen. In ihrer Kindheit war sie öfter mal schlafgewandelt, aber das hier war etwas Anderes. Es fühlte sich ganz anders an. Es fühlte sich unrein an, als würde Blut auf ihren Händen kleben.
Blut. Ihr eigenes fing an, in ihren Ohren zu rauschen und Panik überkam sie aus heiterem Himmel und ohne ersichtlichen Grund. Ihr Körper wurde von einem Zittern gepackt und sie bekam nur schwer Luft. Adrenalin pulsierte in ihren Adern und trieb sie an, während ihr Blick hektisch den Raum durchquerte. Doch hier war nichts, was ihre Panik erklärte.
“Imogene? Imogene! Ist alles in Ordnung?”, drang die Stimme ihrer Schwester wie aus weiter Ferne an ihr Ohr. Gene blickte auf und sah Aranea mit verschränkten Armen vor sich stehen, einen skeptischen Blick aufgelegt.
Imogene sah ihre Schwester einen Moment lang ausdruckslos an, ehe sie langsam nickte: “Ich war nur...in Gedanken.” Im ersten Augenblick schien Aranea nicht sonderlich überzeugt zu sein, dann aber nickte sie und ließ sich in den Stuhl gegenüber fallen. Imogene wappnete sich für einen Vortrag, der sie überhaupt nicht interessieren würde, denn diesen Blick kannte sie an ihrer Zwillingsschwester sehr gut.
“Wir müssen über den Weihnachtsball reden. Bis dahin ist es nur noch einen Monat und wir müssen absprechen, wen wir als Begleiter mitnehmen”, fing Aranea auch schon an und schien wirklich Feuer und Flamme dafür zu sein. Und Imogene könnte nicht desinteressierter sein. Früher hatte sie diese Veranstaltungen sehr geliebt, aber jetzt hatte sie einfach keinen Kopf dafür.
“Geh doch hin, mit wem du willst”, sagte sie also kühl zu ihrer Schwester und wandte ihren Blick ab, um ihr Desinteresse  nur noch mehr zu signalisieren. Doch so leicht ließ Aranea sich nicht abschütteln. Leider.
“Ich bin sicher, Nathaneal wird sich freuen, dich auf den Ball begleiten zu dürfen”, frohlockte Nea also mit spitzem Unterton und starrte ihre jüngere Schwester unentwegt an. Sie wusste genau, wie sie ihre Aufmerksamkeit bekam, denn prompt wandte Imogene sich zu ihr um.
“Bitte, was?”
“Hat er dir denn nicht geschrieben? Vater hat im letzten Brief vermerkt, dass Nate die Schule wechselt und Anfang Dezember nach Hogwarts kommen wird”, gab Nea ihr zur Antwort und Genugtuung breitete sich auf ihrem Gesicht aus. Imogene wurde blass. Nein. Das durfte einfach nicht wahr sein! Wenn Albus das rausfand...aber halt, Moment. War doch sowieso egal, denn ihr Verhältnis war eh nicht grade das Beste.
“Was hat er hier zu suchen? Ich will ihn nicht hier haben!”, stieß Imogene zornig hervor und ballte ihre zarten Hände zu Fäusten, Tränen der Wut sammelten sich in ihren Augenwinkel und sie war aufgesprungen. Mit einem lauten Krachen fiel das Buch zu Boden. Die Blicke anderer Slytherinschüler wandten sich zu ihnen um und Imogene errötete etwas und setzte sich kraftlos wieder hin.
“Er ist dein Verlobter, Schwesterherz. Er möchte eben bei dir sein”, kicherte Aranea belustigt und strich sich das blonde Haar aus dem Gesicht, in einer so eleganten Geste, wie es nur eine Malfoy vermochte. Imogene war alles andere als erfreut darüber. Nein, um genau zu sein, war sie regelrecht entsetzt.
“Heirate du ihn doch. Du nimmst dir doch sonst auch alles, was mir gehört”, gab Imogene zurück und sah Aranea mit einem kalten Blick aus ihren blauen Augen an, hinter denen ein Sturm tobte, wie sich niemand es vorstellen konnte. Sie hob das Buch auf und machte sich auf den Weg in ihren Schlafsaal.
“Albus geht übrigens mit Miranda dorthin!”, rief Aranea ihr nach und Imogene schluckte. Ganz große Klasse. Der Ball war schon gelaufen, bevor er überhaupt angefangen hatte.